Der verbotene Planet – David Brins Roman „Sternenriff“

Das Leben auf einer weit abgelegenen Kolonie kann sehr beschwerlich und einsam sein, doch wenn man sich auch noch illegal dort aufhält, wird es umso komplizierter. Eben so ergeht es den Protagonisten in David Brins Auftakt zu seinem zweiten dreiteiligen Ausflug ins „Uplift-Universum“. Wer die erste Trilogie, bestehend aus den Romanen Sonnentaucher, Sternenflut und Entwicklungskrieg nicht gelesen hat, der sollte das vor der Lektüre von Sternenriff noch tun, denn sie trägt erheblich zum Verständnis der Hintergründe des Romans bei. Eine Besprechung der drei Bücher findet sich in diesem Artikel.

Hinweis: Die Neuauflage bei Heyne folgt der ursprünglichen Einteilung der Reihe in drei Teile. Die alte Übersetzung, die bei Goldmann erschien, wurde in sechs Teilen herausgegeben. Das hier vorgestellte Buch „Sternenriff“ enthält also sowohl „Sternenriff“, als auch „Fremder der fünf Galaxien“!

Als Roman des „Uplift-Universums“ spielt auch Sternenriff in den „Fünf Galaxien“. Diese Zivilisation ist ein Bund verschiedenster sauerstoffatmender Spezies, die zusammen unter einem losen Regelwerk vereint sind. Uralte Feindschaften und Kriege zwischen den einzelnen Clans sind an der Tagesordnung und es obliegt den Galaktischen Instituten, eine gewisse Ordnung aufrechtzuerhalten. Diese Institute verwalten auch die Planeten und können Lizenzen zur Besiedelung ausstellen. Ebenso können sie einzelne Welten zu einem „Brachland“ erklären, was jegliche Besiedelung untersagt.

Auf einem solchen geschützten Planeten, nämlich „Jijo“, spielt der Roman Sternenriff. Zum Schutz ihres empfindlichen Ökosystems ist jegliche Besiedelung dieser Welt strengstens verboten. Dennoch haben sich dort Flüchtlinge von sechs verschiedenen Völkern eingefunden: Urs, Hoon, G’Kek, Qheuen, Traeki und Menschen. Nach diversen Konflikten ist es ihnen gelungen, eine einzigartige Gemeinschaft zu bilden, in der alle gleichberechtigt und friedlich miteinander leben. Geeint sind die Völker auch in ihrer Furcht vor der Entdeckung durch die galaktischen Institute, was wahrscheinlich schlimme Strafen nach sich ziehen würde. Der lange erarbeitete gegenseite Respekt innerhalb der Gemeinschaft wird einer harten Prüfung unterzogen, als eines Tages ein Raumschiff landet und die illegale Kolonie ins Chaos stürzt.

(Vorsicht: Kleiner Spoiler!)

Der Roman beginnt in ruhigem Tempo und bietet ein wunderbares Panoramabild der illegalen Kolonie und ihrer Bewohner. Durch die Auswahl der verschiedenen Protagonisten und Nebenfiguren bietet sich eine tiefere Einsicht in das Innenleben und die Kultur aller sechs Völker.

Dieser Perspektivenwechsel und die damit erhaltenen Einblicke in das Denken der einzelnen Spezies macht einen Großteil des Reizes dieses Buches aus und entfaltet in der langsam verlaufenden ersten Hälfte des Romans eine gute Übersicht über die Gemeinschaft. Jedes der sechs Völker hat eigene Gründe, warum sie das Exil gewählt haben. Welche das sind, erfährt man allerdings, wie bei einer Detektivgeschichte, erst nach und nach und manches bleibt gar im Dunkeln.

Ab der Mitte nimmt die Spannung schlagartig zu und lässt einen das Buch quasi bis zum Schluss nicht mehr aus der Hand legen. Was zuerst wie ein zweiseitiges Intrigenspiel beginnt, gleitet mehr und mehr in ein totales Chaos über, bis sich die Ereignisse schließlich überschlagen…

 (Spoiler Ende)

Neben der spannenden Geschichte selbst hat das Buch auch diverse liebevolle literarische Querverweise zu bieten, z.B. auf Jules Verne, Herman Melville und Arthur C. Clarke, die vor allem bei dem jungen, schriftstellerisch ambitionierten Hoon „Alvin“ eine Rolle spielen. Auch stilistisch weiß der Roman mit einem im Hintergrund immer wieder auftauchenden, beinahe schon direkt kommentierendem Humor zu begeistern. Auch die gelungene Anwendung von Sprichworten und Redewendungen auf andere Völker zeigt, dass hier eine sehr gute Übersetzungsarbeit geleistet wurde.

Freunde facettenreicher, intelligenter und gleichzeitig actionreicher Science Fiction werden an Sternenriff viel Freude haben! Allerdings empfehle ich dringend, wie bereits gesagt, vorher die erste Trilogie zu lesen.

Brin_Sternenriff

Bild: © Heyne Verlag

David Brin: „Sternenriff“ (Originaltitel: „Brightness Reef“)

Aus dem Amerikanischen von Marcel Bieger

Erschienen am 9. Februar 2015

Sternenriff ist erschienen beim Heyne Verlag

Ein Kommentar:

  1. Pingback:Wem gehört die Menschheit? – David Brins erste „Uplift-Trilogie“ | SciFiPlanet

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